Unsere Sozialisation (vgl. den Beitrag vom 06.11.20 https://haharth.de/sozialisation/) erfolgt durch Regeln, Vorgaben und Vorbilder. Wir werden für unser Verhalten gelobt oder getadelt. Das Ergebnis hängt ab von unserem Handeln und den Zielen und Wertvorstellungen der jeweils urteilenden Personen. Das sind anfänglich vor allem unsere Eltern, später auch Lehrer und andere Bezugspersonen.
Ein Teil der Urteile, die uns prägen, sind Aussagen über unsere Möglichkeiten:
– „das kannst du nicht“, „ich konnte das auch nicht“ – oder: „du kannst das“
– „das musst du nicht“ – oder: „streng dich mal an“
– „wir haben keine Chance“ – oder: „die Zukunft bietet immer Chancen“
Was uns oder unsere Möglichkeiten bestätigt, sind Affirmationen, was sie uns abspricht, sind Negationen.
Diese Urteile werden von uns – vor allem als Kinder – nicht hinterfragt, sondern ungeprüft übernommen. Diese Beurteilungen, die wir unser ganzes Leben lang erhalten, sind aber nur Meinungen und Bewertungen der anderen. Es sind zum Teil einfach auch Suggestionen, die uns etwas bestätigen oder absprechen, was nicht zutreffen muss.
Diese Urteile eröffnen uns Räume für unser Handeln oder setzen uns Grenzen für unser Denken und Handeln, sind also entscheidend für unsere Motivation (vgl. Beitrag vom 20.11.20 https://haharth.de/motivation/). Entscheidend ist, dass diese Räume uns von anderen eröffnet werden oder die Grenzen von anderen gezogen werden.
Wenn sie oft genug wiederholt werden, müssen sie uns nicht mehr gesagt werden, wir haben diese Bewertungen dann für uns übernommen, wir haben sie internalisiert. Diese Räume oder Grenzen sind damit für uns selbstverständlich geworden, sie sind Teil unserer Persönlichkeit.
Welche Wirkung haben die eröffneten Räume oder die gezogenen Grenzen?
Wenn die Räume (Erwartungen) für uns zu weit gesteckt sind, haben wir Schwierigkeiten, sie auszufüllen. Wir können uns dann aber in einem kleineren Rahmen neu einrichten. Bei zu großer Differenz zwischen Realität und Erwartung kann es sein, dass wir an uns selbst (ver-) zweifeln. Aus irgendeinem Grund – der nicht in uns liegen muss – können wir die Erwartung nicht erfüllen. Das ist ein latentes Problem bei Kindern sehr erfolgreicher oder ehrgeiziger Eltern, die ihren Kindern weitere Räume eröffnen aber auch hohe Erwartungen formulieren.
Ganz anders ist es bei den engen Grenzen. Da sie internalisiert sind, werden sie (normal) nicht als solche wahrgenommen. Sie werden nicht hinterfragt und engen unser Denken und Handeln unterbewusst ein. Ein Überschreiten der Grenze wird nicht gewagt, ja nicht einmal erwogen. Die Grenze ist absolut, sie ist Teil der Persönlichkeit. Fatal ist, dass sie nur das Resultat einer Bewertung eines an der Sozialisation Beteiligten ist.
Wenn Sie Ihre Persönlichkeit entwickeln wollen, müssen Sie ganz bewusst:
1. Ihre gefühlten Grenzen hinterfragen. Die berühmte Frage dazu ist: „Warum nicht?“
2. einen neuen weiteren Raum für sich definieren, sofern Sie zu der Überzeugung gelangen, dass die bisherigen Grenzen zu eng für Sie sind,
3. sich mit Hilfe der Autosuggestion an den neuen Raum gewöhnen.
Autosuggestion hat für Sie womöglich einen negativen Beigeschmack, nach dem Motto: da redet sich jemand etwas ein. Das stimmt sogar. Autosuggestion ist jedoch notwendig, denn durch diesen bewussten Prozess überzeugen Sie sich langsam davon, dass Sie den Raum, jenseits der Ihnen in der Sozialisation gesetzten Grenzen, für Ihre Entwicklung brauchen und nutzen können.
Mit der Autosuggestion überschreiben Sie langsam aber sicher die im Rahmen der Sozialisation internalisierten Beschränkungen und befreien sich davon.
Wenn Sie soweit sind, dass Sie an Ihre erweiterten Möglichkeiten glauben, von ihnen überzeugt sind, dann wird aus der Autosuggestion die Affirmation, die Bestätigung. Nur wenn Sie den Raum um sich wahrnehmen und glauben, dass er Ihnen zur Verfügung steht, können Sie ihn nutzen.
Wenn Sie den Punkt erreicht haben, sollten Sie die Affirmationen konsequent weiter nutzen, um Ihre Überzeugung zu stabilisieren und Ihren größeren Handlungsrahmen offen zu halten.
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